Healing Architecture – Teil II

Hype oder Wegweiser - Teil II

Nutzerzentrierte Raumgestaltung in Gesundheits- und Sozialinstitutionen ist erst vor einigen Jahren zum zentralen Thema geworden, obwohl das Umfeld von Spitälern und Heimen schon lange als Stressor gilt. Welchen Ansatz sollten Unternehmen und Institutionen zur erfolgreichen Implementierung von Healing Architecture in Strategien und Bauprojekten von Gesundheits- und Sozialunternehmen verfolgen?

Text von Christina Noli

«Man muss bereits in der Strategiephase ansetzen. Darauf folgt eine umfassende Bedarfs- und Bedürfnisanalyse, um bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die Weichen für eine gelungene Umgebung für alle Beteiligten – aber in erster Linie für die Patient:innen bzw. Bewohner:innen – zu schaffen», weiss Bettina Atzgerstorfer, MAS Arbeits- und Organisationspsychologin, Innenarchitektin und Leitung Firmenkundengeschäft bei Zingg-Lamprecht.

Die von Atzgerstorfer erwähnte Bedarfs- und Bedürfnisanalyse fusst unter anderem auf den psychischen menschlichen Grundbedürfnissen (Grawe, 1998). Dabei gilt: Je mehr sich Räume und die gebaute Umwelt an diesen orientieren, desto grösser ist das Wohlbefinden und es entsteht das Gefühl von psychischer Sicherheit. Gemeint sind dabei das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung, der Wunsch nach Bindung und Zugehörigkeit und schliesslich das Bedürfnis nach Selbstwertschutz und -erhöhung.

Orientierungslosigkeit, Kontrollverlust oder Isolation sind Gefühlszustände, die bei Aufenthalten in Spitälern oder Pflegeheimen hochrelevant sind. Über eine entsprechende Raumgestaltung kann in vielfältiger Weise solchen Gefühlen entgegengewirkt werden. Ein Beispiel dafür ist die Schaffung von Einsamkeit-reduzierenden (Sozial-)Räumen für ältere Menschen. Pflegeheime werden dabei gestalterisch so zu Quartieren hin geöffnet, dass sowohl die Bewohnenden, wie auch die älteren Quartierbewohner:innen von mehr Gemeinschaft und Partizipation profitieren. Unterstützt wird eine entsprechende Raumgestaltung durch die Integration von vielfältigen Dienstleistungen wie, Hausarztpraxen, Restaurants, Tanzcafés oder Kinderkrippen. Auf diesem Weg entstehen Treffpunkte und Isolation wird systematisch entgegengewirkt. 

Psychologie des Raumes

Um solche Projekte gelungen zu verwirklichen, gilt es zwei weitere wichtige Faktoren bereits früh in der Projektphase zu berücksichtigen: die menschliche Wahrnehmung und die Bedürfnissättigung. Die Architektur von Räumen kann hier sowohl präventiv, kurativ oder auch rehabilitativ wirken. Gemäss den Studien von Evans & Mitchell McCoy (1998) sind es in der Umsetzung fünf essenzielle Gestaltungsparameter, die die sensorische und neurologische Wahrnehmung stark beeinflussen – und deshalb unverzichtbar sind: Stimulierung (wie intensiv erleben wir unsere Umwelt), Affordanz (zu welchen Reaktionen und Handlungen animiert uns der Raum), Kohärenz (wie stimmig ist ein Raum und wie orientiert fühlen wir uns darin), Kontrolle (welchen Einfluss können wir auf den Raum nehmen und an unsere Bedürfnisse anpassen) und Erholung (wie stark gelingt die Stress- und kognitive Müdigkeitsreduzierung). 

Biophilie - die Einbindung der Natur

Um diese Parameter erfolgreich zu implementieren, hat sich unter anderem das Konzept der Biophilie bewährt. Studien zeigen, dass der Natur-integrierende Ansatz das menschliche Wohlbefinden steigern und die Produktivität erhöhen kann. Mit biologischer Lichtplanung, Vegetation, Wasser, Geräuschen und Gerüchen wird Natur im Raum kreiert. Naturanalogien wie biomorphe Formen und Materialitäten sowie die organische, nicht lebende Hervorrufung der Natur, spielen ebenfalls in das Konzept der biophilen Architektur hinein.

Auch die Natur des Raumes ist ausschlaggebend: Balkone, grosse Fenster mit Sicht in die Natur sorgen für Ortsbezug. Genauso wie Materialien aus der Umgebung. Wichtig dabei sind beispielsweise auch Rundungen, die dem menschlichen Auge guttun sowie Wege und Blicke, die nicht an eine Wand führen.

Hype oder Wegweiser?

Das klingt alles einleuchtend – zumindest in der Theorie. Doch in der Praxis stellen sich zu Projektbeginn eine Vielzahl an Fragen: Was sind die Bedürfnisse der Zielgruppe? Welchen Mehrwert kann ich ihr bieten? Welche Rahmenbedingungen sind zu beachten? Was sind meine finanziellen Mittel? Wie verbinde ich im Bauvorhaben die Bedürfnisse der Patient:innen und Bewohner:innen mit denen der Mitarbeiter:innen?

Es gilt also, diesen «Frageknäuel» zu entwirren. Die Lösung ist wie so oft ein Mittelweg, der den Bedürfnissen aller Stakeholder bestmöglich nachkommt – und Räume schafft, die bei allen Beteiligten Wohlbefinden fördern und Stress reduzieren und sich schliesslich sowohl auf Qualitäts-, HR- wie auch Finanzkennzahlen positiv auswirken. Das Fazit der Referentinnen und Teilnehmer:innen der Veranstaltung: Healing Architecture ist definitiv nicht nur ein Hype, sondern ein klarer Wegweiser in die Zukunft einer Architektur und Innenarchitektur, die menschliche Bedürfnisse in den Vordergrund stellt.

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